>leer<
 
   Home
 
   Kunst auf dem RPG
 
   Forschungsprojekte
 
   Vorträge|Workshops
     
   Exkursionen
 
   Beteiligt
 
   Aktuelles
 
 
 
 

"Jüdisches Altersheim"
Zeitzeugenprojekt jüdische Senioren in Ramat Gan:

In zwei Altenheimen in Ramat Gan bei Tel Aviv leben etwa 150 Emigranten und aus Deutschland und Österreich die den Holocaust überlebten bzw. frühzeitig nach Palästina emigrierten. Noch immer dominiert die deutsche Sprache, die Konversationen etwa im Speisesaal oder auf den Fluren der Seniorenheime. Wir wollen in Kooperation mit der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ die Lebensgeschichten dieser Menschen dokumentieren und veröffentlichen. Sie bieten eine der letzten Möglichkeiten, vielfältige Zeitzeugenberichte aus erster Hand zu dokumentieren. Unter den Bewohnern und Bewohnerinnen des Heims lebt etwa ein "Mengele-Zwilling", an dem in Auschwitz medizinische Versuche durchgeführt wurden, ein jüdischer Widerstandskämpfer aus Krakau oder eine polnische
Jüdin aus Sosnowiec, die illegal Menschen und Waffen nach Palästina schmuggelte. Das Projekt "Jüdisches Altersheim" will diese Lebensberichte dokumentieren und mit Kunst-Workshops die emotionale Erinnerung der Zeitzeugen widerspiegeln."  

   
           
>leer<
           
     

„Ausländerkinderpflegestätten“ in Nürnberg oder der Massenmord an Säuglingen von Zwangsarbeiterinnen    

„Die kleinen Geschöpfe tranken die Milch so gierig, doch keines von ihnen lachte. Sie konnten einfach nicht mehr lachen. Zuerst, als die Mütter sie brachten, hatten sie noch pummelige Arme und starke Stimmen. Aber bald wurden diese leiser. Immer leiser“.

Diese Beschreibung einer Augenzeugin verdeutlicht die Zustände in den euphemistisch so genannten Ausländerkinder-Pflegestätten“, die zutreffender von der New York Times 1946
als „Sklaven-Baby-Todesfarmen“ bezeichnet wurden. Dort wurden osteuropäische Zwangsarbeiterinnen zwischen 1943 und 1945 zur Abtreibung gezwungen bzw. bis zu 90% ihrer Säuglinge systematisch ermordet.

Hintergrund

Etwa die Hälfte der ca. 4 Millionen Zwangsarbeitenden aus Osteuropa waren Frauen, fast alle im gebärfähigen Alter. Bis Ende 1942 wurden schwangere Zwangsarbeiterinnen aus Osteuropa wieder zurückgeschickt, weil sie nur eingeschränkt arbeitsfähig waren. Dies traf etwa auf 7% der polnischen Zwangsarbeiterinnen zu. Das führte zu heftigen Interventionen der Industrie, die beklagte, dieser Ausfall würde den Produktionsprozess beeinträchtigen und Schwangerschaften würden nur deshalb herbeigeführt, um sich vor der Arbeit zu drücken.
An der Diskussion nach einer Lösung dieses „Problems“ waren zum einen der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz, Fritz Sauckel, beteiligt, dem es vor allen um die ökonomischen Aspekte ging. Zum anderen Heinrich Himmler, Chef des Reichssicherheitshauptamtes, der sich um die „rassischen“ Aspekte sorgte, denn es wurden ja
zahlreiche „rassisch minderwertige“ Kinder gezeugt. Deshalb sollten die dann gegründeten „Ausländerkinder-Pflegestätten“ zum einen gewährleisten, dass die Mütter so früh wie möglich wieder einsatzfähig waren. Darüberhinaus sollten die Kinder einem „Rassetest“ unterzogen werden: „Rassisch wertvolle“ Kinder sollten zur Adoption freigegeben oder in „Lebensborne“ verbracht werden, der Rest sollte in den „Pflegestätten“ durch Vernachlässigung und Nahrungsentzug getötet werden. Dies wurde aber nicht offen ausgesprochen, an der Basis aber durchaus verstanden; so befahl Himmler in einem Erlass eine möglichst „primitive“ Behandlung der Säuglinge. Wie viele tausend Säugling in den drei Jahren danach ermordet wurden, kann allenfalls grob geschätzt werden. In der Literatur ist von einigen zehntausend bis 100.000 die Rede.

„Ausländerkinder-Pflegestätten“

Es existiert keine Übersicht dieser Lager im Reichsgebiet, sondern bislang sind nur einzelne lokale „Pflegestätten“ erforscht. Doch es ist bekannt, dass in Niedersachsen 58 solcher Lager, 14 im Rhein-Main-Gebiet oder zwölf in Sachsen existierten. Auch im Raum München sind einige dieser Einrichtungen bekannt. In Franken ist bislang nur ein vermutliches Lager in Lauf an der Pegnitz identifiziert.
Die Todesrate bei den Säuglingen lag zumindest in den größeren Lagern zwischen 80 und 90%. Die schrecklichen Bedingungen in den Lagern waren ein offenes Geheimnis. Und selbst dem SS-Offizier Ernst Hilgenfeldt, Leiter der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt, war gar nicht wohl in seiner Haut. Er beschwerte sich bei Himmler nach einem Besuch eines Säuglingslagers, dass die Kinder über Wochen qualvoll an Mangelernährung sterben würden. Entweder, so sein Vorschlag, man solle sie schnell und schmerzlos töten oder aber anständig aufziehen und sie dann als Arbeitskraft verwenden.

Forschungsstand

Obwohl der systematische Massenmord an Säuglingen von osteuropäischen Zwangsarbeiterinnen eines der zynistischsten Menschheitsverbrechen der Nationalsozialisten war, ist er noch kaum erforscht. Dies liegt zum einen daran, dass ein Großteil der entsprechenden Akten vernichtet wurden. So fanden sich bislang etwa im Nürnberger Staatsarchiv keine Dokumente zu dem Thema. Darüber hinaus führen die Vielzahl der diese Lager verwaltenden Organisationen (von SS bis hin zu Krankenhäuser) sowie die unterschiedlichen Lagertypen und Bezeichnungen für Verwirrung. Gleichwohl existieren exzellenten Einzelstudien etwa zu den Baby-Baracken in Velpke oder Waltrop-Holthusen.

Nürnberg

In Nürnberg muss es Dutzende solcher Tötungsanstalten gegeben haben; es konnte bislang jedoch nur eine mutmaßliche im Nürnberger Landkreis in Lauf an der Pegnitz recherchiert werden. Allein in Nürnberg waren etwa 60.000 Zwangsarbeiterinnen eingesetzt. Nach pessimistischen Schätzungen muss von bis zu 1.000 ermordeten Säuglingen hier ausgegangen werden.

Forschungsprojekt

Deshalb entstand die Idee, in Kooperation mit der polnischen Versöhnungsstiftung in Warschau die dort registrierten rund 400 noch lebenden ehemaligen polnischen Zwangsarbeiter aus Nürnberg zu diesem Thema zu befragen. Ihnen sollen Fragebögen zugeschickt werden und nach deren Auswertung mit den interessantesten Zeitzeugen individuelle Interviews durchgeführt werden. Aufrufe in Tageszeitungen sollen darüber hinaus deutsche Zeitzeugen zu Wort kommen lassen. Systematische Archivarbeit soll diese oral history ergänzen. Das Forschungsprojekt ist auf drei Jahre angesetzt und soll im Frühjahr 2011 beginnen. Ziel ist es, das System dieser Säuglings-Tötungsanstalten zu rekonstruieren, die Opfer zu identifizieren und die Täter und Täterinnen namhaft zu machen. Außerdem wird in Zusammenarbeit mit Nürnberger Künstlern und Künstlerinnen während des Forschungsprojekts ein Kunstprojekt zur öffentlichen Erinnerung an die getöteten Säuglinge entwickelt werden.

   
           
           
           
    © DIIGzK letzter Eintrag 26.09.2011                                                                                                                                          verein             spende            impressum